LOGBUCH DER ANIMA IV - Juni 2017  
 

In Lajes (Insel Flores) angekommen war die Erleichterung ob der gelungenen Überfahrt groß. Dazu herrschte auch bei den anderen Crews gute Stimmung nach überstandener Großetappe. Gemeinsam mit Melanie und Frederic von Arwen, die zeitgleich mit uns von Bermuda ausgelaufen waren und einige Stunden nach uns angekommen waren, ließen wir uns vom Taxi zum See hinauf bringen und wanderten gut drei Stunden lang zurück hinunter zum Hafen. Zwei Tage später hatte ich dann verständlicherweise einen bemerkenswerten Muskelkater in den Wadeln. Ungefähr 30 Segler versammelten sich dann abends am Strand zu einer netten Runde mit Drinks und Grill. Ein Tag später zog ein Tiefdruckgebiet knapp nördlich der Insel hinweg und brachte Sturmwinde bis zu 45 Knoten, von denen wir im sicheren Hafen kaum etwas bemerkten. In dieser Nacht kamen noch zwei andere Boote an. Eines davon, ein argentinischer Einhandsegler, hatte ein paar Meilen vor der Insel eine Leine in den Propeller bekommen und musste vom örtlichen Rettungsdienst gegen Mitternacht in den Hafen geschleppt werden. Wegen Wind uns Seegang hatten die Rettungskräfte sogar in Erwägung gezogen, den Mann zu bergen und das Schiff seinem Schicksal zu überlassen. Der Mann und sein Schiff sahen gezeichnet aus. So nahe liegen hier jedenfalls Freude und Erleichterung neben Angst und Gefahr.

Ich lernte hier auch die bemerkens- und liebenswerte Schweizer Familie Schwörer kennen, die auf ihrem 15m langen Aluminiumschiff Pachamama mit mittlerweile fünf Kindern (und in ein paar Wochen mit einem sechsten!) seit vielen Jahren in Sachen Umwelterziehung und Klimaschutz ( www.toptotop.org) auf den Weltmeeren unterwegs sind.

Um günstige Winde für die 135 Meilen nach Horta nützen zu können, liefen wir nach zweieinhalb erholsamen Tagen in Lajes am Tag nach dem Sturm Richtung Horta aus. Eindrucksvolle, lang gezogene 4-5m hohe Restwellen schoben uns immer wieder kräftig an. Das Meer war jedoch noch sehr unruhig, aber höchstens ungemütlich und nicht gefährlich. So machten wir am darauffolgenden Abend im berühmten, aber (vor allem im Vergleich zu 2004) völlig überfüllten Hafen von Horta auf der Insel Fajal an einer französischen Yacht längseits fest. Am nächsten Tag bekamen wir wieder einmal Dank der geringen Bootsgröße einen guten Liegeplatz im ruhigen inneren Becken an einem Fingerpontoon. Herbert verließ das Schiff und verbrachte noch ein paar Tage auf Horta mit Ausflügen und Amateurfunkversuchen.

Es hatte sich natürlich wieder einmal eine kleine Liste mit Servicearbeiten angesammelt. Neben dem Abarbeiten dieser Tasks gab es auch einige Wiedersehen mit anderen Seglern. Viel Zeit verbrachte ich mit der vierköpfigen Crew der französischen Yacht Dremmwel (Abendessen, Radtour, Musikabend, etc.), mit denen ich dann auch einige Tage später auf Sao Jorge mit dem Leihwagen, mittlerweile zu siebent, diese herrliche Insel erkundete. Von dort segelte ich dann nach einigen erholsamen Tagen 135 Meilen direkt nach Ponta Delgada auf der Insel Sao Miguel.

Beim geplanten Ölwechsel und der damit verbundenen Motorkontrolle entdeckte ich eine leckende Stelle in der Druckleitung der Dieselzufuhr. Zum Glück bekam ich dort die zum Abdichten notwendigen O-Ringe und war erleichtert, dass die Reparatur so problemlos gelungen war. Das Schiff war nach nun fast einem Jahr unterwegs auf Langfahrt im Atlantik insgesamt recht gut beieinander, wenngleich dafür permanente Kontrolle und Wartung notwendig waren. Dafür war die Anima auch in jeder Marina ein Blickfang und Anlass für zahlreiche Kontakte mit interessierten Seglern, die nicht nur die geringe Größe, sondern auch das besondere traditionelle Design und den einwandfreien Zustand des Schiffes bewunderten.

Die Anima war jedenfalls bereit für die letzte lange Überfahrt nach Südportugal, auf der mich meine Schulfreunde Wolfi und Johannes begleiteten. Sie waren auch im Jahr 2003 bei der ersten Atlantiküberquerung nach Barbados mit dabei. Nach ihrer Ankunft in Ponta Delgada fuhren wir noch 2 Tage mit dem Mietauto quer über die Insel. Dann legten wir am Montag, dem 26.6. bei halbwegs brauchbaren Windprognosen Richtung Europa ab.

Dass diese 820 Meilen nach Lagos an der Algarve (900 gefahrene Meilen) wegen äußerst schwieriger Windbedingungen die ungemütlichste und gefühlt längste Passage dieser Reise werden würde, hatte ich nicht erwartet. Wie man an der Kurslinie sieht, mussten wir zuerst nach Nord halten um die für später angesagten stärkeren Nordostwinde in besserem Winkel absegeln zu können. Die Strategie war wohl die richtige, dafür ließ am letzten Tag der sonst so stete "Portugiesische Norder" aus und wir kamen gegen zwei Uhr nachts zum Cabo Sao Vicente. Für die letzten 20 Meilen war aus mehreren Quellen starker Gegenwind prognostiziert, sodass wir mit einem äußert mulmigen Gefühl, aber immerhin bei Flaute das eindrucksvolle Kap im Schein des untergehenden Mondes rundeten, allzeit bereit nun bald gegenan kämpfen oder wegen zu starker Winde bei Dunkelheit wieder umdrehen und an der ungastfreundlichen Westküste Portugals in Deckung gehen zu müssen. Entgegen aller Erwartungen und Befürchtungen ließ uns der Ostwind gerade noch genug Zeit um gegen sieben Uhr morgens sicher und erleichtert nach Lagos zu gelangen. Dafür blies er circa eine Stunde nach unserer Ankunft bereits kräftigst. Das war uns zu diesem Zeitpunkt jedoch herzlich egal und wir saßen frisch geduscht und entspannt beim wohlverdienten Frühstück.

Außer einem durch Wassereintritt defekten Ladegerät und einer während der letzten drei Tage verstopften Bordtoilette - alles bereits im Austausch bzw. Reparatur - waren nach diesen acht harten Tagen keine bleibenden Schäden an Schiff oder Crew auszumachen. Die Anima ist nach ca. 7400 Seemeilen auf dem Atlantik wohlbehalten wieder nach Europa zurückgekehrt und hat sich für ein derart kleines Boot hinsichtlich Seetüchtigkeit, Langfahrttauglichkeit, Bequemlichkeit und Geschwindigkeit erstaunlich gut bewährt. Ich bin für die Milde der Wettergötter bzw. mein Segel-Glück dankbar und zufrieden nun wieder fast im vertrauten Mittelmeer angekommen und freue mich auf die bevorstehende Endphase dieser großartigen Segeltour mit einem kleinen, ungewöhnlichen und besonderem Schiff.

 
 

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