LOGBUCH DER ANIMA IV - Oktober 2016  
 


Blick vom 2400m Gipfel Las Palmas nach Süden, im Hintergrund Teneriffa, La Gomera und El Hierro

Durch die lange Zeit auf Madeira hatte ich Gelegenheit, mit dem Mietauto die Insel zu erkunden, ein paar sensationelle Ausblicke zu bestaunen (z.B. von der 580m hohen Steilküste des Cabo Girao) und kleinere Wanderungen im Gebirge zu unternehmen. Dazu gibt es im Fototeil noch ein paar Bilder.

Am 4.10. setzte die Anima Segel mit Kurs Santa Cruz de Tenerife. Die zweitägige Überfahrt verlief nach anfänglicher 7-stündiger Flautenfahrt recht ereignislos mit letztlich guten Winden und trotz des langsamen Beginns mit einem Schnitt von 5,2 Knoten. Einziger eher negativer Höhepunkt war, dass bei ca. 15 Knoten Wind und Welle von der Seite sich wider Erwarten ein Brecher ins Cockpit und leider auch in den Niedergang verirrt hat. Aufgrund der geringen Bootsgröße muss man da in Zukunft wirklich mehr aufpassen und im Zweifelsfalle rechtzeitig das Schiebeluk schließen und die dafür vorgesehene transparente Abdeckung vor den Niedergang spannen. Jedenfalls findet das Wasser unerwartet leicht seinen Weg, vor allem zu elektronischen Geräten, die weit hinten in der Navi-Ecke vor derartigen an sich eher kleinen und unspektakulären Wellen offensichtlich doch nicht so gut geschützt sind.

Jedenfalls machten wir am 6.10. wohlbehalten und zum Glück ohne Wasserschaden – den es zu der Zeit übrigens in meiner Wohnung in Wien gab – in der Marina von Santa Cruz fest und meine Mitseglerin Sabrina verließ wie geplant das Boot. Nachdem ich unterwegs bemerkt hatte, dass die Dieselförderpumpe tropfte, war nun erstmal ein Motorservice angesagt. Dafür war es höchste Zeit, denn nach dem Ausbau der Pumpe bemerkte ich, dass die beiden Schläuche für das Seewasser zur Motorkühlung bei der Trennwand zum Motorraum bereits durchgescheuert waren und leicht zu tropfen begonnen hatten. Eine Erneuerung war daher dringend notwendig. Ein Nachziehen aller wichtigen Schrauben (Motorblockhalterung, Antriebswelle, Schlauchschellen, Leitungen, etc.) war auch sinnvoll.

Da der Motor ja zu Beginn der Reise aufgrund eines verstopften Krümmers ein grundlegendes Service durch gelernte Mechaniker bekommen hatte, war es umso verwunderlicher, dass ich bis jetzt – und hoffentlich war´s das! – vier Fehler bemerkt habe, die den Professionisten im Zuge der Reparatur unterlaufen waren!

  • Der Schlauch zur Dieselrückleitung war lose und hat getropft. Folge war Diesel in der Bilge unter dem Motor.
  • Die Muttern beim Auspuffkrümmer waren locker. Daher Abgasdämpfe und Öl im Motorraum.
  • Die Dieselförderpumpe war schlampig montiert bzw. zusammengebaut und hat seit langem getropft.
  • Die vier 8mm Bolzen, die den Aufpuffkrümmer am Wärmetauscher halten, waren teilweise vertauscht und daher aufgrund unpassender Längen nicht festgeschraubt gewesen.

Zur Fertigstellung der Servicearbeiten musste ich unter anderem nur ein paar Quetschdichtringe für die Dieselleitung besorgen. Nach dem Abklappern der Bootsausrüster und etlicher Eisenwaren-handlungen hatte ich nach einer Woche noch immer keine neuen Ringe. Viele Händler kannten das gar nicht und versuchten mir immer wieder, Beilagscheiben zu verkaufen. Als ich dann endlich ein Mietauto hatte, unternahm ich einen neuen Versuch: Nach dem Lebensmitteleinkauf beim Lidl etwas außerhalb des Stadtzentrums ging ich in die nächste Ferreteria um nach den Dichtringen zu fragen. Dort wurde ich zum nahen Land Rover Händler verwiesen, Dieser wollte mir noch anzupassende Ringe als Rover Ersatzteil um 3€/Stück verkaufen. Ich bedankte mich und fragte ihn nach einem Autoteilehändler. Er nannte mir die Adresse einer Servicewerkstatt für Kraftstoff-Einspritzanlagen. Als ich dort nach den Dichtringen fragte, ging der Verkäufer wortlos fünf Schritte nach hinten zu einem Regal und gab mir kurzerhand sechs passende Dichtringe. Auf die Frage nach Bezahlung wurde ich nur mit einem Lächeln und mit einer abweisenden Handbewegung verabschiedet. Die Aktion hat ca. 30 Sekunden gedauert. Ein unglaublicher Kontrast zu meinen stunden- und kilometerlangen Bemühungen bei ca. 10 verschiedenen Geschäften in den Tagen zuvor.

Das Mietauto war auch für ausgiebige Lebensmitteleinkäufe notwendig. 70 Flaschen Mineral-wasser, etliche Dosen und vieles mehr fand wider Erwarten Platz in den verschiedensten Winkeln und Stauräumen des kleinen Bootes, das nun definitiv etwas tiefer und schwerer im Wasser lag als vorher. Ebenso nutzte ich die drei automobilen Tage für diverse Ausflüge. Am eindrucksvollsten war wohl die Fahrt zum und dann mit der Seilbahn auf den Vulkan Teide, mit etwas über 3700m der höchste Berg Spaniens.

Am 19.10. kamen meine neuen Mitsegler an: Christoph und David, zwei 25-jährige Deutsche, die ich im Sommer 2014 kennen gelernt hatte, wollen mit der Anima den Atlantik überqueren und bleiben nun bis Weihnachten in Tobago an Bord. Zuerst fuhren wir nach San Sebastian de La Gomera, wo wir zunächst sechs Tage blieben. Eine Südwindphase nutzen wir um nach La Palma zu segeln.

Auf dieser Strecke bemerkte ich, dass die Dieselförderpumpe, die ich in Teneriffa neu eingedichtet hatte und die ca. 15 Motorstunden lang in Ordnung war, wieder zu tropfen begonnen hatte. Also wurde sie in La Palma noch mal demontiert und abermals repariert. Allerdings war sie altersbedingt und wegen der mittlerweile häufigen Aus- und Einbauten schon recht in Mitleidenschaft gezogen. Beim kurzen Probelauf war sie dicht. Dennoch entschloss ich mich dazu, eine neue Pumpe zu bestellen. Natürlich wurde der Schaden an einem Freitag entdeckt. Am Samstag konnten per Telefon nur notdürftige Arrangements für Montag gemacht werden. Am Wochenbeginn ging endlich das OK für die Bestellung und die Überweisung der Anzahlung raus, am Dienstag 1.11. war auch hier Feiertag. Wann also die Pumpe aus Holland letztlich hier eintreffen wird, ist abzuwarten. Laut Auskunft des Yanmarhändlers sollte das binnen acht Tagen gelingen.

Nach drei Tagen in La Palma mit der Besichtigung der Caldera de Tamburiente auf 2400m fuhren wir wie geplant wieder zurück nach La Gomera. Ein leichter, aber brauchbarer Nordostwind sollte und laut Prognose dabei unterstützen. Nach einer halben Motorstunde offenbarte ein Kontrollblick ein neuerliches starkes Tropfen der Dieselpumpe: Ein Gewinde für den Schlauchanschluss war mittlerweile beleidigt und daher undicht. Eine Reparatur war im Moment nicht mehr möglich, allerdings konnte die Leckage durch mühsames und passgenaues Anbringen einer Schraubzwinge notdürftig behoben werden und wir konnten weiter motoren. Der angesagte Wind blieb aus, so mussten wir zehn Stunden lang die 50 Seemeilen bei völlig ruhiger See nach La Gomera durchdieseln, ständig in der Sorge, dass die Zwinge sich durch die Motorvibrationen losbeuteln würde. Zum Glück hat die Sache gehalten, und so liegen wir jetzt hier wieder in San Sebastian und warten einerseits auf die neue Pumpe und auch auf die dann hoffentlich passenden Winde für die Fahrt auf die Kap Verden.

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Gedanken zum Fahrtensegeln:
Noch mehr als in den letzten Jahren fällt auf, dass die Schiffe immer größer werden. Waren vor
10-15 Jahren noch 40 Fuß (12m) Yachten quasi Standard, so findet man heute sehr viele Segelboote zwischen 43 und 50 Fuß (13-15m) Länge. Die Zusammensetzung der Crew ist im Wesentlichen gleich geblieben: Meistens sind Paare zu zweit unterwegs. Manchmal sieht man Familien mit Kindern, zumeist Franzosen, die übrigens hier in Santa Cruz mit ca. 70% aller Schiffe deutlich in der Mehrheit sind. Interessanterweise haben diese französischen Familien dann oft wieder kleinere Boote. Aber insgesamt fallen die wachsenden Schiffslängen deutlich auf, und das nicht nur weil die Anima deutlich kleiner ist.

Damit in Zusammenhang ist auch eine Betrachtung unterschiedlicher Niveaus von Ausrüstungen interessant: Sowohl punkto Komfort als auch Sicherheit findet man alle Abstufungen. Von der einfachsten Low-Budget Version ohne Ankerwinde, Autopilot, Kühlschrank, Beibootmotor, etc. bis hin zur Version inkl. Waschmaschine, Mikrowellenherd, Generator und selbstverständlich Wassermacher (= im Nautikjargon Meerwasserentsalzungsanlage).

Wo ist die Anima hier einzuordnen? Nun, ich habe hier aufgrund meiner nautischen Prägung in Kindes- und Jugendjahren passend zur Schiffsgröße mein Niveau gefunden, und es gibt nicht vieles an Ausrüstung, was ich auch mit einem größeren Schiff haben wollte. Ohne hier einzelne Dinge aufzählen zu wollen, deren Einstufung als mehr oder auch eben nicht notwendig ich mir nicht anmaße, so erscheint mir die Überschaubarkeit und die Möglichkeit der Eigenreparatur als entscheidend. Wie an vielen anderen v.a. hinsichtlich aufwändiger Elektronik vollgestopften Schiffe zu beobachten ist, lässt sich immer wieder recht banal feststellen: Je mehr man hat, desto mehr geht kaputt. Wie auch beim vorigen Schiff gilt auf der Anima das KISS-Prinzip – Keep it simple and stupid! Für meinen finanziellen Rahmen, meine handwerklich-technischen Fertigkeiten und nicht zuletzt für meine „Segelphilosophie“ hat sich das seit (mittlerweile) Jahrzehnten vielfach bewährt.

 
 

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